Toiletten sind in unserer westlichen Welt selbstverständlich. Vor einigen Jahren besuchte ich meine Verwandtschaft in Tschechien. Als ich nach dem Klo fragte, meinten sie:“Hintaus..dann rechts.“ Na gut ich ging bei der Tür hinaus und stand frierend im Innenhof. Ich wand mich überrascht nach rechts, vor mir, eine kleine brüchige Holztür, die knarrend aufging. Ein weißgetünchter kalter Raum umfing mich mit Aussicht. Ganz genau, Zimmer mit Aussicht..auf den Schweinestall. Darin befanden sich mehrere Tiere, die mich anglotzten und ich schaute auf sie hinunter.. leicht ungläubig überlegte ich was ich nun tun sollte. Ich entschied mich: Augen zu und durch.
Mein Erlebnis ist zwar schon einige Jahre her, aber leider ist die weltweite sanitäre Lage mehr als fragwürdig. Für 40% der Weltbevölkerung fehlen Sanitäreinrichtungen, dadurch bedingt verschmutztes Wasser und als Folge Krankheiten (Quelle: Wikipedia). 600 Millionen Menschen teilen sich eine Toilette, 892 Millionen Menschen verrichten ihre Notdurft im Freien (Quelle: UNICEF).
Kurzgeschichte des stillen Örtchens

Latrinen von Ephesos. Hier saß man nebeneinander und plauderte. Die Händler priesen ihre Ware an. Von dort kommt der Ausdruck „Geschäft machen“
Gut ausgebaute Abortanlagen gab es bereits um 2800 v. Chr. in Mesopotamien. Im Minoischen Palast von Knossos auf Kreta gab es sanitäre Räume, unter anderem Toiletten mit Wasserspülung. Auch die römische Kultur kannte WCs, Latrinen, bei denen die Fäkalien hygienischer durch fließendes Wasser entfernt wurden, insbesondere in öffentlichen Anlagen, Häusern der Reichen. In den Städten des Altertums mündeten die Abflüsse in die großen Abwasserkanäle, die sogenannten Kloaken. Die bekannteste war die Cloaca Maxima in Rom. Diese Technologie ging, wie vieles andere, mit dem Ende des Römischen Reiches verloren.

Heimliche Örtchen von Christian IV, Schloss Rosenborg, Kopenhagen
Im Mittelalter gab es isoliert stehende Gebäude oder man verrichtete seine Notdurft in irgendwelchen Ecken und Winkeln. Ihr könnt euch den Geruch vorstellen, aber auch Krankheiten waren an der Tages Ordnung. Die nächste Ausbaustufe bei Burgen war der Aporterker. Innen war das Klo mit einem Holzbalken versehen und mündete durch einen Erker im Burggraben.
1596 wurde das Wasserklosett erfunden, aber es geriet in Vergessenheit. Erst Ende des 19. Jahrhunderts verbreiteten sich die Toiletten in Häusern mit Wasseranschluss und Kanal (Wikipediaeintrag“Toilette„).
Besonders für das Mittelalter und die frühe Neuzeit sind diese Latrinen wichtige archäologische Quellen, da außer den Exkrementen auch andere Abfälle in die Gruben gelangten. Leider gelangten nicht nur in der Vergangenheit Dinge im Klo was nicht hingehörte, auch heute und das ist wirklich ein teures Problem.
Toiletten – Missbrauch
Heute haben wir den Luxus, dass in unseren Wohnungen in Österreich Toiletten installiert sind. Ein Keramikteil mit Loch. Am Ende des Lochs ist ein Rohr angestückelt, das ca 10cm Durchmesser(!) hat, welches wiederum in ein Rohr auf der Straße führt und dieses geht zur Kläranlage. Wenn man nun diese 10cm vor Augen hat, kann man sich vielleicht vorstellen, dass hier kein Schnitzel durchpasst. Glaubt mir, ich weiß das …. versuchte als 5 jährige meinen Eltern zu verheimlichen, dass es mir nicht schmeckt….der Installateur fand es :).
Die Klärwärter finden noch ganz andere Dinge: Strumpfhosen, Binden, Tampoos, Zigarettenkippen, Spielsachen etc. Irgendwie glaubt man, wenn es durch die Leitung passt(im Gegensatz zu meinem Schnitzel), dass damit irgendwas passiert? Das Allesfressende Monster am Ende der Leitung? Eine Shredder? Oder was? Nein, nur der Kläranwärter in seiner Kläranlage. Die kämpfen dann mit verlegten Pumpen, aufschwimmenden Ölen und Filter von Zigaretten.
Die Reparatur einer verstopften Pumpe in einer Kläranlage kostet viel Geld. In einem Artikel aus Köln, las ich von 40.000€ nur für die Pumpen!!
Problem: Feuchttücher
Ein immer aktuelleres Problem sind die Feuchttücher, die man in unterschiedlichen Formen, Farben und Marken angeboten bekommt. Habt ihr gewusst, dass die sich nicht auflösen?
Ein befreundeter Klärwärter hat es getestet. Nach 24 Stunden hat sich das herkömmliche Papier-Klopapier aufgelöst. Das Feuchttuch hat sich auch nach einer Woche nicht verändert.

klass. Klopapier
Wer Feuchttücher unbedingt verwenden will, muss sie im Restmüll entsorgen, auch wenn auf der Packung etwas anderes draufsteht. Hier gibt es auch einen Folder vom ÖWAV, der es schnell am Punkt bringt.
Problem Speisefett
Auch Speisefett rinnt wunderbar den Kanal hinunter. Mir hat einmal eine Dame erzählt, dass sie einfach viel Seife hinterher spült und dann sei das kein Problem. Auch Marinaden vom Salat oder sogar mit Salat laufen schnell hinunter. Auch Suppen haben es aufgrund ihrer Konsistenz einfach. Aber schon einmal daran gedacht, was nach einiger Zeit im Rohr passiert? Überraschung, wenn Fett erkaltet, wird es entweder hart oder zähflüssig. Dann geschieht genau das in deinem Rohr:
Das Rohr verstopft mit der Zeit und dann kann der Techniker kommen, dass er es wieder sauber bekommt. Glaubt mir, dass ist eine ekelhafte Angelegenheit.
Eine Anekdote aus unserem Haushalt. Ich habe Mitbewohner, die gerne viel Klopapier verwenden. Irgendwann kam es zu einer Verstopfung der Toilette. Nichts half, auch der Installateur weigerte sich uns zu helfen, aber er borgte uns ein Hochdruckgerät. Vom unteren Stock wurde Druckluft eingeblasen. Ich stand oben..als es zu blubbern begann, schrie ich nach unten..aber es war zu spät. Der Knopf im Rohr löste sich und dass ganze Wasser trat unten mit einer gewaltigen braunen Fontäne aus. Mein Mann stand noch dort wie angewurzelt..ich glaube mehr brauche ich dazu nicht zu erzählen. Es war eine richtige Sauerei.
In der Kläranlage schwimmt das Öl auf und verklumpt. Es wird abgeschöpft und entsorgt, im schlechtesten Fall sind auch die Rohre betroffen:
Auf beiden Bilder sieht man das Öl sehr deutlich, aber auch Zigarettenfilter, die gerne ohne nachzudenken in den Kanal geworfen werden, sind zu sehen.
Leert das Fett in den Nöli oder in ein Sammelgefäß, das in eurer Region üblich ist. In Wien heißt er Wöli, in Tirol und Oberösterreich Öli. Aussehen tut er überall gleich. Das Öl wird gereinigt und als Biodiesel verwendet. Mehr dazu auf unserer Hompage des Abfallverbandes Hollabrunn.
Sammelgefäß Nöli
Ökoklo
Weil es zum Thema Toilette gut passt, möchte ich euch noch kurz das Ökoklo vorstellen. Ein jeder kennt das Problem, man ist auf einer Veranstaltung und man findet nur diese mobilen Plastiktoiletten, die immer irgendwie ekelig aussehen. Ein Startup Unternehmen aus dem Weinviertel hat sich etwas Neues überlegt. Die Hütten sind aus Holz und die Fäkalien werden kompostiert. Wie das funktioniert sieht ihr in diesem Video.
Ich fände es toll, wenn diese Klos vermehrt zum Einsatz kommen. Keine Chemikalien, saubere Lösung, sogar Festival tauglich.
Zitat: „Es ist ja nicht mehr Scheisse“
Zum Abschluss noch ein paar Häusl – Bilder aus meinen Urlauben
Im Kruger Nationalpark in Südafrika schaut man durch den elektrischen Zaun direkt den Elefanten ins Aug
In Sri Lanka fanden wir ein sauberes WC neben einem Lokal. Wasser wird in den Kübel geleert und damit das Geschäft hinuntergespült. WC Papier wird extra gesammelt.
In Mosambik fühlte sich ein kleiner Frosch
sehr wohl in unserem Klo
Das Titelbild habe ich 2015 in Malawi aufgenommen. An neuralgischen Punkten wurden Pumpen installiert. Hier kommen die Frauen und Mädchen mit Kübel und Kanister hin, um das saubere Wasser mühsam per Hand herauszupumpen. Diese werden meistens am Kopf, selten mit Handwagerl nach Hause gebracht. Dieses kostbare Nass wird nicht für die Toilette verwendet, wie man sich denken kann.
Fazit
Mit dem Bild aus Malawi möchte ich schließen. Seit euch dem kostbaren Gut eines Wasserklosetts bewusst. Global gesehen hat es Seltenheitswert. Geht sorgsam mit dem Wasser um und leert keinesfalls Flüssigkeiten hinter, auch wenn es physikalisch möglich ist. Noch weniger, feste Abfälle, die sich nicht auflösen.
Viel Spaß beim Lesen, hoffentlich auch etwas zum Nachdenken dabei. Eure Trennsetterin
Presseberichte zum Ökoklo
Streit unter Mobilklo-Anbietern: Pipibox nimmt Öklo in die Zange, 22.7.2019
1 Comment
Eigentlich stimmt es mich bedenklich, daß solche zweifellos interessanten Veröffentlichungen notwendig sind um einigen Zeitgenossen zu sagen wozu ein WC dient und wozu nicht. 🙁
Danke jedenfalls für die Kurzgeschichte des „Stillen Örtchens“ und die Erklärung, woher der Ausdruck „Geschäft machen“ kommt.