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Aus der Sicht einer Abfallberaterin


04.06.2021

In Österreich gibt es über 200 Abfallberaterinnen und Abfallberater, die seit fast 30 Jahren die Bevölkerung informieren und bei Fragen zur Mülltrennung zur Seite stehen. Etwas einzigartiges in Europa, auf das wir alle sehr stolz sind.
Wir organisieren workshops, Ausstellungen, Schulstunden, Ferienspiele. Halten Vorträge bei Dorferneuerungsvereinen, in Firmen oder vor politischen Entscheidungsträgern. Wir entwerfen Plakate, Folder, schreiben Zeitungen oder informieren über die Homepages und diverse Sozialmedia Kanäle. Alles dreht sich um den lieben Dreck unserer Mitbürger. Was gehört wohin und warum. Diese Informationen werden auf unterschiedlichste Arten gepredigt und vorgebetet.
Restmüllanalysen
Was ist nach so langer Zeit hängen geblieben? Die aktuelle Restmüllanalyse aus dem Jahr 2018/2019 spricht Bände:

Gesamtjahresmenge an Restmüll in NÖ: 232.000 Tonnen

  • 800 Tonnen biogene Abfälle
  • 400 Tonnen Kunststoffe
  • 900 Tonnen Glas
  • 600 Tonnen Metalle über den Restmüll entsorgt werden.

Eine Hochrechnung besagt, dass jährlich Wertstoffe im Ausmaß von über 3 Millionen € im Restmüll landen und verbrannt werden. Die Details der Analyse findest du auf der Homepage des Ministeriums.

Tonnenkontrollen

Tonnenkontrollen der letzten Monate erzählen ihre Geschichte. Bauschutt im Restmüll, die halbe Pizza in der Altpapiertonne oder Kunststoffverpackungen in der Biotonne.

Die Behälter können nicht entleert werden und sollten nachsortiert werden. Wenn die falsch entsorgten Abfälle gut versteckt wurden, hat der Entsorger in den Verwertungsanlagen seine liebe Not mit der Aussortierung.

Frustration macht sich breit – Versagen auf ganzer Linie?

Wir haben eine ganze Generation von der Mehrwegwindel in das Erwachsenenalter begleitet. Warum sind unsere Geschichten nicht angekommen?
Möglicherweise sehe ich es zu eng. Vielleicht ist es gar nicht so schlimm, wie wir alle annehmen. Ich kann mich an eine Zeit erinnern, in der Fernseher auf die Deponie gekippt wurden oder an Motoröl, das aus dem Container ran. In der falsch verpackte Mozartkugeln gemeinsam mit Verpackungsabfällen über den Restmüll entsorgt wurden. Diese Zeiten sind vorbei. Es gibt Fabriksverkauf von Produkten, die falsch verpackt wurden oder fehlerhaft sind. Elektroaltgeräte kommen überwiegend in die Abfallsammelzentren, das Motoröl wird bei den Problemstoffsammelstellen abgegeben.

Wir jammern auf sehr hohem Niveau, wenn wir uns unsere Nachbarländer ansehen, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.

Müllplatz

Müllplatz in Kroatien

Nichtsdestotrotz ist es frustrierend für uns AbfallberaterInnen, wenn wir Bilder sehen, auf denen die einfachsten Trennregeln nicht eingehalten werden. Wir sprechen vom Klimawandel und schaffen es nicht einmal unseren Abfall richtig zu trennen.

Wissen fördern und in Ausbildungen investieren

Es werden nach wie vor Produkte entwickelt und in Verkehr gesetzt, wo wir Jahre später noch nicht wissen, wie wir sie entsorgen und verwerten können. Erst letztens stellte sich die Frage wie transportieren wir Hooverboards von den Abfallsammelzentren in die Verwertung. In welchen Gebinden und wohin damit. Die Dinger gibt es schon seit einigen Jahren und man weiß, dass sie irgendwann auch entsorgt werden müssen – Hallo-wer schläft da in der Pendeluhr?

Wohin mit den ebikes, den Styroporfassaden oder den Rotorblättern der Windräder.

Die Frustration nach all den Jahren ist in meiner Berufsgruppe sehr groß.

Es fehlen eindeutige Vorgaben und Kennzeichnungen wie was zu entsorgen ist. Es fehlt die Einheitlichkeit in unserem Land. Es kennt sich keiner mehr aus. Es wird von uns AbfallberaterInnen erwartet den Bürgern beratend zur Seite zu stehen, aber es fehlt die Information und das Wissen dazu.

Es ist nicht nur die Glasflasche, die in den Glascontainer gehört oder die Zeitung, die in der Altpapiertonne entsorgt wird. Es gibt mittlerweile Verbundstoffe, die nicht eindeutig zuordenbar sind oder Elektroaltgeräte, die viel komplexer sind als ein Fernsehapparat.

Man muss sich endlich klar werden, was man will.

Wie sollen die Mitbürger glaubwürdig beraten, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen fehlen.

Was wünsche ich mit von der Zukunft

In den 90er Jahren wurde der Beruf der AbfallberaterInnen ins Leben gerufen. Wir wurden in eigenen Schulungen gut ausgebildet. Seit Beginn der 2000er gibt es keine adäquate Ausbildung mehr. Vieles ist Selbststudium, es fehlt an Informationen und an Techniken, um die heutige Bevölkerung, die ein ganz anderes Informationsverhalten hat, zu erreichen.

Ich wünsche mir eine engere Diskussionsmöglichkeit zwischen den Abfallberaterinnen vor Ort und der Wirtschaft, damit diese Gruppe die Bedürfnisse und die Probleme der Bevölkerung erfährt.

Warum kann eine PET Flasche recycelt werden und eine Verpackung von Legospielzeug, die ebenfalls in einer PET Verpackung ist, nicht (in manchen Regionen werden nur Flaschen im gelben Sack entsorgt).

Ich wünsche mir eine bessere Zusammenarbeit zwischen Produzenten und Verwertern. Wie muss ein Produkt hergestellt werden, dass es sowohl als Transport- als auch als Verkaufsverpackung gut funktioniert, aber auch verwertet werden kann.
Nur wenn diese Punkte eintreten, kann eine glaubwürdige Beratung stattfinden.

Das Informationsverhalten der Bevölkerung hat sich grundlegend geändert. Wir leben in einer Zeit, wo jeder, jede Information erhalten kann, wenn man es nur will. Die Menschen hinterfragen viel mehr und lassen sich nicht mehr so leicht abspeisen, wenn wir ihnen sagen:“ Trenne Abfall“ und zwar so oder so. Sie fragen nach dem „WARUM“ oder „WAS PASSIERT DAMIT?“

Fazit

  • Es muss eine eigene Ausbildung für das Berufsbild der Abfallberater und Abfallberaterinnen geschaffen werden.
  • Gesetzliche Rahmenbedingen schaffen, dass Produkte gekennzeichnet werden müssen.
  • Eine Mülltrennung, die in ganz Österreich einheitlich ist. Zumindest in den Kernbereichen: Altpapier-Gelber Sack-Glas-Bio

Na, ob das was wird? Lg eure Trennsetterin

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